Interpretation des Kapitels „Gesang vom Phenol“ aus Peter Weiss‘ dokumentarischem Drama: „Die Ermittlung“ (Schulprojekt)
Alle Werke von Vincent C., Mehdi S. und Xavier W.
Gedanken eines Häftlings
… Da kommt er wieder, drei Mann hinter ihm, gehobenes Kinn, herabsehender Blick. Er kommt wohl gerade wieder von einer Untersuchung und hat Lust weitere kranke Insassen auszusuchen. Sein krankhaftes Grinsen bereitet den meisten Häftlingen ein schreckliches Gefühl. Hier riecht es nach Urin, Kot und Schweiß. Auch ich kann nicht mehr gegen den Drang ankämpfen als der Arzt willkürlich einen Juden nach dem anderen auswählt und die Soldaten die Todesverurteilten ohne jeglichen Rückhalt zum Aufstehen zwingen. Als er endlich fertig ist, dreht er sich rasch um und zeigt noch mit dem Finger auf ein paar weitere Kranke, um die Gesamtzahl der Verurteilten aufzurunden, da er gerade Zahlen bevorzugt. Einer der Soldaten packt meinen Onkel am Arm. Ich klammere mich an sein Bein, woraufhin er meine Hand gegen den nassen klebrigen Boden schmettert und mir mit einem gezielten Fußstampfer das Handgelenk bricht. Ich weiß, dass gebrochene Knochen hier im Krankenbau ein sehr wahrscheinliches indirektes Todesurteil sind …
„Klehr liebte es, nach der Untersuchung der kranken Häftlinge durch den Lagerarzt weitere Häftlinge in den Krankensälen des Häftlingskrankenbaus für die Tötung durch Phenol auszusuchen, sowie der Lagerarzt das Lager verlassen hatte. Dabei ging er durch die Krankenblocks und wählte willkürlich jüdische Häftlinge aus […] [Er] hatte eine Vorliebe für gerade Zahlen. Er wollte die Zahl der durch den Lagerarzt zur Tötung ausgewählten Häftlinge ‚nach oben aufrunden‘.“
Zitat aus: Demant, Ebbo (Hg.): „Auschwitz. Direkt von der Rampe weg. Kaduk, Erber, Klehr: Drei Täter geben zu Protokoll“
